...dass auf einem Relief am Alten Pastorat das Osterfest symbolisch dargestellt ist?
Es befindet sich an der Brüstung des kleinen Balkons im ersten Stock, von dem aus man die Schlossstraße überblicken kann. Die schmale, querrechteckige Steinplatte hat am äußeren Rand einen kräftigen Rahmen, dessen Oberfläche scharriert ist. Er bildet mit Riefen den Übergang vom Klinkermauerwerk zur eigentlichen Darstellung.
Das Relief ist in drei Abschnitte gegliedert, vergleichbar mit einem Flügelaltar: Im schmalen Feld links bilden Getreidegarben und Weintrauben den Hintergrund, die Grundsubstanzen für Brot und Wein. Davor steht ein großer Kelch mit darüber schwebender Oblate für das Abendmahl. Im großen Feld in der Mitte liegt das Osterlamm in einer Art Mulde, die von einem gezackten Strahlenkranz umgeben ist. Es hat seine Beine angewinkelt und sowohl das etwas zottige Fell als auch der nach hinten gewandte Blick des Tieres lassen es lebensnah erscheinen. Rechts neben dem Lamm sieht man die Leidenswerkzeuge Christi. Mit dem senkrechten Stamm ist wohl die Geißelsäule gemeint, der Zipfel darüber deutet möglicherweise den Umhang an, den die Knechte Jesus umlegten, um ihn zu verspotten. Darauf liegt die Dornenkrone und am oberen Rand sind zwei Kreuznägel zu sehen.
So umfasst das Relief die wesentlichen Inhalte der Passion Christi: die Einsetzung des Abendmahls und den Tod Jesu am Kreuz. Das Lamm steht für das Opfer, das Christus zur Erlösung der Menschen gebracht hat.
Das Pastorat der St. Petri und Pauli- Gemeinde wurde im Jahre 1913 von dem Architekten Hermann Distel und seinem Partner Wilhelm F. Rück erbaut. 1908 hatte das Büro den Architektenwettbewerb für das Hamburger Vorlesungsgebäude gewonnen. Kurz danach entwirft er sein Wohnhaus in Bergedorf. Das Pastorat ist sein erstes öffentliches Projekt in seiner Wahlheimat Bergedorf.
Zu Beginn seiner Ausbildung zum Architekten soll Hermann Distel eine Steinmetzlehre durchlaufen haben. Es ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass er das Relief als vielbeschäftigter Architekt selbst gearbeitet haben könnte. Der Entwurf dazu könnte jedoch auf ihn zurückgehen.
Dr. Charlotte Klack-Eitzen